Bergtour, 22. / 23. August 2020
Die Woche vor der diesjährigen Bergtour ist bei den meisten Teilnehmern vermutlich geprägt von zwei Themen, den Wetterprognosen und der Covid-19 Situation. Wettermässig wird für das Wochenende eine Kaltfront prognostiziert, also keine idealen Voraussetzungen für die geplante Hochtour.
Auf das Wochenende hin sehen die Prognosen dann gar nicht allzu schlecht aus, und wir besteigen zu zehnt am Samstagmorgen gut gelaunt und korrekt maskiert den Bus nach Jegenstorf. Nach einem Kaffeehalt im Bahnhof Bern führt uns die Reise nach Kandersteg und von dort mit der Seilbahn hoch nach Sunnbüel.
Grau in grau und begleitet von einigen Regentropfen nehmen wir den Aufstieg zum Gällihore in Angriff. Karin und Philipp machen sich derweil auf den Weg Richtung Schwarenbach und werden über den etwas kürzeren Weg via Daubensee zu unserem Tagesziel, der Lämmerenhütte, aufsteigen. Noch bevor wir den Grat zum Gällihore erreichen, werden die Niederschläge intensiver. Zum Glück sind die Schauer nur von kurzer Dauer, die schöne Aussicht vom Üschenegrat bleibt uns jedoch vorläufig verwehrt. Einige Sonnenstrahlen und vereinzelte Tiefblicke können wir erst bei einer Pause auf dem Schwarzgrätli erhaschen.
Vorbei am Tällisee führt der Weg nun über die letzten Reste des Tälligletschers hoch zur «Rote Totz Lücke» – mit 2’899 m.ü.M. der höchste Punkt des heutigen Tages. Während die einen die letzten Reserven für diesen Anstieg mobilisieren müssen, klettern die anderen noch rasch auf den «Roten Totz» und geniessen dort die prächtige Aussicht, die das aufklärende Wetter nun zulässt. Beim Abstieg zur Lämmerenhütte sehen wir aus einiger Distanz eine Gruppe von Steinböcken – oder sind es Gämsen? Die Frage klärt sich später in der Hütte, es sind Steinböcke und -geissen.
Das verdiente Bier und eine Jassrunde können wir – wer hätte das am Morgen gedacht – bei Sonnenschein auf der Terrasse vor der Hütte geniessen. Zu unserer Überraschung werden uns für die Nacht moderne Zweier- und Dreier-Schlafkojen zugeteilt. Nach dem einmal mehr feinen Hüttenznacht ist bald Nachtruhe angesagt – in diesem Jahr ohne Unterhaltungsprogramm und Telefonat zu Unzeiten…
Für Hochtourenverhältnisse eher spät gibt es um 05.30 Uhr Frühstück. Bereits mit montiertem «Gschtältli» und noch bei Dämmerlicht starten die neun Bergsteiger eine Dreiviertelstunde später die Tour auf den Wildstrubel.
Karin, Roland und André geniessen währenddem noch den Schlaf und stehen erst auf die zweite Frühstücksrunde auf. Die beiden Camper-Touristen wandern später zurück nach Kandersteg zu ihrem dort abgestellten Fahrzeug. André vertreibt sich die Zeit bis wir vom Wildstrubel retour sind mit einer Wanderung.
Nach der Hütte führt der gut markierte Weg um das Lämmerenhorn herum und anschliessend auf der Moräne hoch Richtung Wildstrubelgletscher. Der Gletscher hat sich in den letzten Jahren stark zurückgebildet und wird vermutlich irgendwann ganz verschwinden. Nach einer Stunde erreichen wir gemeinsam den Einstieg zum Gletscher, wo die Steigeisen montiert und die Seilschaften gebildet werden. In drei Dreierseilschaften steigen wir nun auf dem Gletscher über Firn und Schnee, mal mehr, mal weniger steil dem Wildstrubel entgegen. Das Wetter präsentiert sich wechselnd bewölkt ohne viel Wind, teilweise zeigt sich sogar die Sonne.
Nach etwa drei Stunden erreichen alle den Mittelgipfel des Wildstrubelmassivs auf 3’243 m.ü.M. Die Aussicht in alle Richtungen ist prächtig, wenn auch teilweise durch Wolken verdeckt. Weil diese ständig in Bewegung sind, haben wir vermutlich gleichwohl sämtliche umliegenden Gipfel irgendwann erblicken können. Nach dem obligaten Gipfelfoto und einer kurzen Verpflegungspause geht es auf gleichem Weg zurück zur Lämmerenhütte. Hier empfängt uns André mit einem Bier für alle – vielen Dank!
Der letzte Teil der Tour führt auf dem Wanderweg von der Hütte hinab auf die Gemmi. Die lange Heimreise via Leukerbad dauert inklusive Zwischenstopp in Bern über vier Stunden. Müde, aber zufrieden über die geglückte Tour treffen wir kurz nach 18 Uhr in Messen ein.
Roni Hofer